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Die Europäische Säule sozialer Rechte – welche Fortschritte wurden erzielt?

Vom 20. bis 23. Mai fand in Predeal, Rumänien, das von der Nationalen Stiftung „CORESI“ und Cartel ALFA in Zusammenarbeit mit dem EZA organisierte und von der Europäischen Union finanzierte internationale Seminar zum Thema „Die Europäische Säule sozialer Rechte – welche Fortschritte wurden erzielt?“ statt. Dabei handelte es sich um ein Präsenzseminar mit 47 Teilnehmer:innen.

Die Veranstaltung brachte Gewerkschaftsvertreter:innen, Führungskräfte und Expert:innen aus Rumänien, Bulgarien, Frankreich, Deutschland, Moldau und der Ukraine zusammen. Die Teilnehmer:innen tauschten ihr Wissen und ihre Erfahrungen zu den Seminarthemen aus und sprachen über die Bedeutung der Europäischen Säule sozialer Rechte sowie darüber, wie die Mitgliedstaaten sie als Orientierung für die Sozialpolitik nutzen können.

Die Tagesordnung wurde entsprechend dem geplanten Programm eingehalten, und nach ihren Rückmeldungen und Fragebögen zu urteilen, waren die Teilnehmer:innen mit der Organisation der Veranstaltung sehr zufrieden. Gleichzeitig wurden die Vorträge mit Interesse verfolgt und lösten viele Diskussionen aus, was zeigt, dass sie für die jeweilige Tätigkeit der Teilnehmer:innen und ihre organisatorischen Projekte als sinnvoll und relevant erachtet wurden. Am letzten Tag des Seminars hatten die Teilnehmer:innen die Gelegenheit, den Bezirksrat in Brașov zu besuchen, wo sie mit dem Präsidenten des Bezirksrats und anderen Expert:innen zusammentrafen und sich über die Auswirkungen der von der Institution koordinierten und mit europäischen Mitteln finanzierten Projekte informierten.

Die wichtigsten Themen, die während des Seminars diskutiert wurden, waren:

Die Europäische Säule sozialer Rechte und die Fortschritte bei ihrer Umsetzung

Der Bericht der Europäischen Kommission für das Jahr 2023 weist auf Fortschritte in Bereichen wie der Gleichstellung der Geschlechter, der Beschäftigung junger Menschen und der sozialen Sicherung hin, auch wenn es weiterhin Heraus-forderungen gibt.

Die Fortschritte fallen unterschiedlich aus. Es wurden zwar Anstrengungen unternommen, um die Eingliederung in den Arbeitsmarkt und die Sozialfürsorgeprogramme zu verbessern, doch Probleme wie Lohnunterschiede, prekäre Beschäftigung und regionale Ungleichheiten bleiben weiter bestehen. Die rumänische Regierung hat an Reformen gearbeitet, insbesondere im Bereich der sozialen Dienste und der Arbeitsmarktpolitik, die Veränderungen kommen jedoch nur langsam voran.

Trotz dieser Herausforderungen herrscht vorsichtiger Optimismus. Die EU-Finanzierung und die politische Unterstützung treiben weiterhin positive Veränderungen voran, und die zunehmende Sensibilisierung der Öffentlichkeit und ihr Engagement für Fragen der sozialen Rechte lassen auf einen wachsenden Einsatz bei der Verwirklichung der Ziele der Säule schließen. Die fortlaufende Überwachung und Zusammenarbeit sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene ist entscheidend für die Aufrechterhaltung dieser Dynamik.

Angemessene Steuerpolitik zur Förderung des Wohlbefindens der Bevölkerung

Die Finanzpolitik spielt eine entscheidende Rolle bei der Förderung des Wohlbefindens der Bevölkerung, indem sie wirtschaftliche Stabilität, gerechtes Wachstum und eine angemessene soziale Sicherung gewährleistet. Die jüngsten Trends in der EU-Finanzpolitik zeigen, dass man sich verpflichtet hat, ein Gleichgewicht zwischen Finanzdisziplin und sozialen Investitionen herzustellen, insbesondere nach der Coronapandemie. Die Regierungen konzentrieren sich zunehmend auf nachhaltiges Wachstum, umweltfreundliche Investitionen und die Verbesserung des sozialen Wohlstandes.

In der Finanzpolitik sind Fortschritte zu verzeichnen, wenn auch mit Heraus-forderungen. Die Regierung hat Maßnahmen zur Förderung der wirtschaftlichen Erholung und des sozialen Wohlstandes ergriffen, wie etwa die Erhöhung von Mindestlöhnen und Sozialleistungen. Probleme wie Haushaltsdefizite und eine ineffiziente Steuererhebung stellen jedoch nach wie vor ein großes Hindernis dar.

Hinsichtlich des finanzpolitischen Kurses herrscht vorsichtiger Optimismus. Die fortgesetzte Unterstützung durch die EU sowie nationale Reformen zur Verbesserung der Haushaltsführung und Investitionen in das Humankapital signalisieren das Potenzial für positive Veränderungen. Die Ausrichtung der Steuerpolitik auf die umfassenderen Ziele des sozialen Wohlbefindens und der nachhaltigen Entwicklung gibt Hoffnung auf langfristige Verbesserungen.

Die Rolle der Sozialpartner bei der Förderung der Europäischen Säule sozialer Rechte

Die Sozialpartner, darunter Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und Gruppen aus der Zivilgesellschaft, spielen eine entscheidende Rolle bei der Förderung der Europäischen Säule sozialer Rechte. Sie sind maßgeblich daran beteiligt, sich für faire Arbeitspraktiken, eine integrative Sozialpolitik und die wirksame Umsetzung der sozialen Rechte auf nationaler und EU-Ebene einzusetzen. Durch die Beteiligung am sozialen Dialog tragen diese Partner zur Gestaltung politischer Entscheidungen bei, stellen sicher, dass unterschiedliche Perspektiven der Interessengruppen berück-sichtigt werden, und treiben Initiativen voran, die das soziale und wirtschaftliche Wohlbefinden in ganz Europa verbessern. Ihre Zusammenarbeit ist für die Erreichung der Ziele der Säule – Gleichheit, faire Arbeitsbedingungen und Sozialschutz – von entscheidender Bedeutung.

Trotz der ehrgeizigen Ziele hat sich die Politik nur langsam weiterentwickelt. Das Land hat sich einige der ehrgeizigsten Ziele in der EU gesetzt, um das Risiko von Armut oder sozialer Ausgrenzung zu verringern, und will 2,5 Millionen Menschen aus diesen Verhältnissen herausholen. Die Umsetzung der notwendigen Reformen und die Verwirklichung dieser Ziele kommen jedoch nur schleppend voran, was die Notwendigkeit stärkerer Anstrengungen und eines anhaltenden Engagements aller Sozialpartner verdeutlicht.

Moldaus Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und die EU-Integration

Die Republik Moldau hat vor kurzem im Rahmen ihrer Bemühungen um die europäische Integration mehrere arbeitsrechtliche Änderungen vorgenommen. Diese Reformen waren jedoch für die Forderungen der Gewerkschaften unbefriedigend. Die Gewerkschaften haben die Befürchtung geäußert, dass die neue Politik die Rechte von Arbeitnehmer:innen untergräbt, insbesondere in Bereichen wie der bezahlten Elternzeit und dem bezahlten Mutterschaftsurlaub, die zuvor starke Punkte im moldauischen Arbeitsrecht waren. Die Angleichung an die europäischen Normen ist zwar für die Integration von entscheidender Bedeutung, doch darf das nach Ansicht der Gewerkschaften nicht auf Kosten der bestehenden Maßnahmen zur sozialen Sicherung gehen, die die Arbeitnehmer:innen und ihre Familien unterstützen. Die Beibehaltung dieser Leistungen ist für die Gewährleistung eines ausgewogenen und fairen Arbeitsmarktes auf dem Weg der Republik Moldau zur EU-Mitgliedschaft unerlässlich.

Der schwierige Weg der Ukraine zur europäischen Integration

Der Krieg hat die Situation in allen Bereichen des öffentlichen Lebens in der Ukraine, einschließlich der Beziehungen zwischen den Sozialpartnern, erheblich verändert. Unter dem Kriegsrecht wurden verfassungsmäßige Rechte und Freiheiten von Arbeitnehmer:innen und Bürger:innen eingeschränkt, was von den Gewerkschaften nur widerwillig als vorübergehende Maßnahme akzeptiert wurde.

Trotz des Krieges und der enormen Probleme in der Ukraine ist der Wille der öffentlichen Meinung und der Behörden erkennbar, Schritte in Richtung einer europäischen Integration zu unternehmen. Trotz externer und interner Probleme setzt das Land die Umsetzung des europäischen Arbeitsrechts in die nationale Gesetz-gebung der Ukraine fort, wie im 2014 geschlossenen Assoziierungsabkommen vorgesehen.

Schlussfolgerungen

Während des Seminars stellten unsere eingeladenen Referent:innen ihre Materialien vor und boten den Teilnehmer:innen die Möglichkeit, diese zu kommentieren, Fragen dazu zu stellen und sich mit den vorgelegten Daten zu befassen. Die Zusammenfassung der Schlussfolgerungen aus den drei Tagen des Austauschs von Ideen und bewährten Verfahren führte zu einigen Punkten und Handlungsfeldern, auf die sich die Teilnehmer:innen verständigt haben:

- bessere Einbeziehung von Gewerkschaften in die Förderung der Ziele der Europäischen Säule sozialer Rechte

- aufmerksame Beobachtung des Europäischen Innovationsanzeigers, den die Kommission allen interessierten Parteien zur Verfügung gestellt hat, um die erzielten Fortschritte zu erfassen.

- Die EU-Integration sollte sich, wie im Falle der Republik Moldau und der Ukraine, auf eine starke Sozialpolitik und das Engagement für die europäische Säule stützen.

- Die Hauptaufgaben der Gewerkschaften beim digitalen Wandel lauten:

- Förderung einer starken Steuerpolitik auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene mit dem Schwerpunkt, die Arbeitnehmer:innen aus prekären Positionen herauszuholen (Verringerung des Risikos von Armut und sozialer Ausgrenzung)

- Förderung der Ratifizierung der IAO-Übereinkommen und aufmerksame Verfolgung von deren Umsetzung in die lokale Gesetzgebung

- Förderung der Grundsätze der EU mit besonderem Schwerpunkt auf sozialen Rechten.